Projektbeschreibung

Am Anfang war...

der Modellbau. Schon als jugendlicher hat mich der Modellbau fasziniert und ich erhielt als 16-jähriger von meinem Grossvater die erste Fernsteuerung. Nach dem Studium ging ich sozusagen zum gemütlichen Teil meines Hobbys über und kaufte mir einen Bausatz einer 2-Zylinder Stuart-Dampfmaschine mit einem wunderschönen stehenden Rauchrohrkessel.

 

Die Vision

In den letzten 4 Jahren interessierten mich die Dampfmaschinen immer mehr und ich ging auch an die Dampfboottreffen in Brienz und in Villenueve. Dort erschienen aus der ganzen Schweiz sowie aus Frankreich und Deutschland Bootsbesitzer, die mit ihren Dampfbooten auf dem Brienzersee auch Gästefahrten unternahmen. Diese Boote haben eine Länge zwischen 4 und 12 Metern und können entsprechend 2 bis 15 Personen aufnehmen.

Bei einigen Booten konnte ich mitfahren und so miterleben, was für eine Faszination diese Art Antrieb ausübte. Dieses langsame, gleichmässige Stampfen der Dampfmaschine, die Wärme des Kessels und das leise Knistern und Zischen des Feuers übt etwas sehr beruhigendes auf die Menschen aus. Der Erholungswert einer solchen Fahrt ist unbeschreiblich!

Nach so einer gemütlichen Dampfbootsfahrt und anschliessender Diskussion und Fachsimplen mit den Betreibern, habe ich den Entschluss gefasst, bis zur Expo.02 auf dem Bielersee mein eigenes Dampfboot fahren zu lassen.

 

Grundsätzliche Überlegungen

Bevor man sich im Detail mit Maschine, Kessel und Bootsrumpf befasst, ist es nötig, sich einige grundsätzliche Gedanken über eigene Wünsche und Bedürfnisse sowie den finanziellen Aufwand zu machen. Die hier dargestellten Überlegungen und Berechnungen habe ich aus verschiedenen Publikationen, Gesprächen mit Dampfbootbesitzern und Lieferanten von Dampfmaschinen sowie aus verschiedenen Fachbüchern zusammengestellt.

 

Art und Grösse des Bootes

Je grösser und je mehr Ansprüche an ein Dampfboot gestellt werden, desto länger dauert die Bauzeit und desto mehr Kosten entstehen. Bei der Grösse spielt das Gewicht beim Trailern, die Antriebsleistung sowie die Grösse des Bootsplatzes eine Rolle.

Bootsgrösse ca. 4.5 x 1.5 Meter (Länge x Breite) ist die ideale Grösse zum Trailern und bietet etwa 4 Personen Platz bei einem Gewicht inklusive Zuladung von ca. 900 kg. Dies ist eher ein Schönwetter- oder Promenadenschiff, das bei Wellengang bald zu schlingern anfängt und bei dem das Freibord an der unteren Grenze ist.

Bootsgrösse ca. 6 x 1.9 Meter ist wesentlich seegängiger als die kleinere Ausführung und bietet etwa 6-8 Personen Platz bei einem Gewicht inklusive Zuladung von ca. 1600 kg. Bei dieser Grösse könnte schon ein kleines Dach gebaut werden, um die Passagiere vor Wind und Wetter zu schützen.

Bootsgrösse von ca. 7 - 8 Meter Länge ist gut seegängig und läuft bedingt durch die Länge auch sehr schön. Die Platzzahl ist etwa 8-10 Personen bei einer Verdrängung von ca. 2000 kg. Bei dieser Grössenordnung kommen schon kleinere Aufbauten wie ein Dach, Salon oder eine kleine Kajüte in Frage.

 

Schalenform, Geschwindigkeit

Eine schmale, lange Schalenform des Bootes wird mit wenig Kraftaufwand zügig laufen, frei nach dem Bootsbauer-Motto "Länge läuft". Die Rundspantschale stellt das Beste bezüglich Wasserablauf dar, ist jedoch aufwendig in der Herstellung und daher teuer. Ein Kompromiss bezüglich Aufwand und Wasserablauf ist ein Knickspanter (Schale unter Wasser ist 3 bis 5 kantig). Alle Dampfboote sind Verdränger, das heisst beim Erreichen der Rumpfgeschwindigkeit bleibt das Unterwasserschiff ganz eingetaucht. Der Leistungsbedarf für das Erreichen der Rumpfgeschwindigkeit ist relativ klein. Mit folgender Formel kann die Rumpfgeschwindigkeit überschlagsmässig berechnet werden:

4.5 x (Wasserlinienlänge in Metern) ^ 0.5 = Geschwindigkeit in km / h

 

Antriebsart, Leistungsbedarf

In der Regel wird bei den kleinen Booten ein normaler Schiffsschraubenantrieb gewählt. Infolge der niedrigen Drehzahl und dem grossen Drehmoment einer Dampfmaschine haben die Propeller einen grossen Durchmesser sowie eine beachtliche Steigung. Beim Antrieb mit einer Kolbendampfmaschine braucht es kein Umsteuergetriebe oder Verstellpropeller, da die Drehrichtung und die Leistungsregulierung via Dampfumsteuerung erfolgt. Um die Rumpfgeschwindigkeit zu erreichen, ist folgende Berechnung für den ungefähren Leistungsbedarf anwendbar:

2.2 kW pro 1000 kg Wasserverdrängung des Bootes

 

Dampferzeugung

Um genügend Dampf zu erhalten, wird ein entsprechender Dampfkessel benötigt. Auch hier sind verschiedene Aspekte zu berücksichtigen. Ein stehender Kessel benötigt weniger Grundfläche, hat aber einen höheren Schwerpunkt, was das Boot eher zum Schaukeln bringt. Ein liegender Kessel hat einen günstigeren Schwerpunkt, benötigt aber mehr Grundfläche. Somit bleibt weniger Platz für alles Andere im Boot. Ein Mass für eine grobe Grössenbestimmung eines Dampfkessels ist die Heizfläche und wird wie folgt berechnet:

Pro kW Leistung 0.8 m2 Heizfläche

 

Die Realisation

Die Projektierung und Realisation eines solchen Projektes braucht eine gute Vorbereitung. Wo erhält man jedoch die nötigen Informationen zur Beschaffung der Komponenten, dem Bau und Betrieb eines solchen Kleindampfbootes? Wie stark muss der Antrieb sein, wie gross der Kessel für eine bestimmte Bootsgrösse? Wieviel Treibstoff für das Boot, nebst dem des Kapitäns muss mit geführt werden? Da es keine oder nur sehr wenig Literatur über Kleindampfboote gibt, mussten alle Antworten auf diese Fragen in mühsamer Kleinarbeit zusammengetragen werden. Die Informationen beschaffte ich durch Fragen von Mitgliedern im 'Verein Schweizer Dampfbootfreunde', durch Auskünfte der wenigen Anbieter von Dampfmaschinen und -kessel und Beschaffung von englischer Dampfbootliteratur.

Nach Zusammentragen aller Informationen, Bestimmen der Randbedingungen, Einholen von Offerten für Boot, Kessel und Maschine hat sich nun folgendes herauskristallisiert:

 

Boots

Rundspanter aus GFK und Teakholzdeck mit einer Länge von 7.8 Metern und Platz für mindestens 8 Personen. Das Boot hat eine Kajüte, welche zwei Drittel des Bootes überdeckt und somit auch Fahrten an kühleren Frühlings- oder Herbsttagen erlaubt. Mit 7.0 Meter Wasserlinienlänge beträgt die maximal Geschwindigkeit ca. 11 km / Stunde.

 

Maschine

Da ich auch Maschinenbauer bin und beim Vater in der Mechanikwerkstatt selber Teile herstellen kann, ist nun eine Eigenkonstruktion zum Zuge gekommen. Das Boot hat eine Wasserverdrängung von ungefähr 2000 kg und benötigt somit eine kräftige Maschine mit einer Leistung von mindestens 4.4 kW.

 

Kessel

Um den Dampfhunger einer solchen Dampfmaschine zu stillen, braucht es einen Kessel mit einer Heizfläche von mindesten 4.8 m2. Ein solcher Dampferzeuger wird bei 12 bar betrieben, und ist deshalb mit der gebührenden Vorsicht zu behandeln. Ich werde den Kessel somit nicht selber bauen, sondern kaufe einen TÜV-geprüften Wasserrohrkessel mit ca. 7 m2 Heizfläche.